Jörg Munz

Jörg Munz

http://joerg-munz.de/

Vita
1960
geboren in Sulzbach/Saar
1999
Studium Freie Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar bei Prof. Bodo Baumgarten
2004
Diplom Freie Kunst ‚mit Auszeichnung‘ an der HBK Saarbrücken
2004  
Ernennung zum Meisterschüler von Prof. Bodo Baumgarten

Preise und Stipendien
1998
Preisträger Saarpfälzischer Kunstpreis, Freiluftgalerie
2005
Nominierung der HBK Saar für die Kunst- und Ausstellungshalle, Bonn
2015
Arbeitsstipendium Stiftung Burg Kniphausen, Wilhelmshaven
2017
Arbeitsstipendium Schloss Wiepersdorf

Bilder im öffentlichen Raum
Landtag des Saarlandes, Union Stiftung Saarbrücken; Landesmedienanstalt Saarbrücken; Kultusministerium Saar, Kunstsammlung der Landeshauptstadt Saarbrücken; Sparkasse Saarbrücken; Katholische Akademie Trier; KEB Dillingen

Ausstellungstätigkeit (Auswahl)
2008
Schwebsange, Luxemburg: Projektausstellung Sehnsucht Paradies (G)
2009
Oswald-von-Nell-Breuning-Haus, Dillingen: Inspiration Natur llll (E)
Robert Schumann Haus, Trier: Inspiration Natur lll (E)
art.metz/ Messe für zeitgenössische Kunst, Metz (G)
2010
Galerie 48 im Carré des Finanzministeriums Saarbrücken (E)
Kunstverein Sulzbach: Fokus Natur (E)
Europäisches Parlament, Konrad-Adenauer Haus, Luxemburg (E)
Tele-RLP Haus, Kaiserslautern/ Galerie 48, Saarbrücken: Kunst im Radio (E)
Saarl. Künstlerhaus, Saarbrücken: Angezettelt (G)
2011
Kunstverein Torgau: Malerei von Jörg Munz (E)
2012
Espace des Blancs Manteaux, Paris: AVRIL CONTEMPORAIN (G)
2013
Galerie48: Augenblick, Ausstellung mit der Künstlergruppe RheinBrücke im Carré des Finanzministeriums Saarbrücken (G)
Stadtmuseum St. Wendel: Begegnung, mit Hugo Boguslawski (G)
2014
Galerie Esch-Renner, Köln: Natur, mit Matthias Brock, (G)
2015
Ärztekammer, Saarbrücken: Felder (E)
2016
Arthouse Galerie, Neunkirchen Saar: Neue Werke von J. Munz (E)
2017
Galerie Esch-Renner, Köln: Die Farbe Grün (G)
Landtag des Saarlandes: Märkische Felder (E)
Kunstverein Schöningen: Die Entgrenzung des Sichtbaren (E)
Salon Wiepersdorf, Saarländische Galerie, Berlin (G)
2018
C.A.R. Contemporary. Kunstmesse Art Ruhr, Welterbe Zollverein,
Galerie Esch-Renner, Essen (G)
2019
Art Gallery 64, Birkenfeld: Über die Grenzen des Sichtbaren (E)
Finanzministerium Saarbrücken: Neue Werke (E)
Union Stiftung Saarbrücken: Spannungsfelder (E)

Thomas Girst
Jörg Munz

Es ist der kreative Schaffensprozess von Jörg Munz, der in Bezug auf seine für ReNatur geschaffenen Werke gleichsam bei der Entstehung seiner Kunst wiederholt, was die Natur aus sich heraus bei der Einverleibung von Industriebrachen vermag. Die großformatigen Bilder des 1960 in Sulzbach geborenen Künstlers entstehen auf gröberem Jutegewebe, auf das die Ölfarben in vielen Schichten aufgetragen werden. Misslungenes wird übermalt, wobei der Blick durch die Bildebenen hindurch und damit auf den gesamten Arbeitsvorgang bis hin zur sichtbaren Struktur des Trägerstoffs erhalten bleibt. Bei der Renaturierung von ehemaligen Industrieflächen saarländischen Kohlebergbaus verhält es sich kaum anders. „Industriebrachen, die von der Natur zurückerobert werden ist ein interessantes und großes Feld“, so Munz. Seine Farben trägt der Künstler zunächst verdünnt auf, bis diese zunächst transparente Schichten auf der Leinwand bilden. Daraus entstehen sukzessive Konturen und es sind die Farbverläufe die hier essentiell sind für den Versuch des Betrachters, das Gesehene zu bestimmen und die Bildinhalte zu differenzieren.

Verhandeln diese eben nicht nur die Natur sondern auch die Renaturierung von Industriebrachen, so ist beiden eine Verbindung durch die Benennung der Farbpalette des Künstlers inhärent, wenn wir etwa von Rostrosa oder Rostbraun sprechen können. „Mit dem Thema Natur arbeite ich seit Jahren und bin daher nah dran. Ich arbeite nicht figürlich. Es ist interessant, dass hier neue Nischen für sich ansiedelnde Pflanzen und Tiere entstehen. Jeden Tag bewege ich mich in der Natur. Alles ist im Wandel, alles verändert sich. Wie die Kunst auch und wie man ein Bild malt.“ Dabei ist auch Munz nicht an einer konkreten Verortung seiner Werke gelegen, selbst wenn diese noch deutlich Architekturelemente wie etwa bei seinem Gemälde „Brache 3“ abbilden. Während die Wände der Anlagen fast subtil von zarter Flora überwuchert zu werden scheinen, lösen sich die beiden Fördertürme im Hintergrund zwischen dem Hellblau des Himmels und den weißen Wolken buchstäblich in Luft auf.

In den letzten zwei Jahrzehnten entstanden so zahlreiche Arbeiten, die tief in die Möglichkeit der Darstellung von Pflanzenwelt und Vegetation vordringen, ja diese in ihrem Nukleus zu erfassen suchen. Wenn Munz keine Fotografien übermalt dann überlässt er deren Entstehen vollends dem Arbeitsprozess selbst. Das Licht hält die abstrahierte Darstellung als Ganzes zusammen, die aufgrund der Farbgebung eben noch als Abbildung von Natur erkennbar bleibt, selbst wenn die oft stark vergrößerte Wiedergabe von Minutiösem wie etwa in der „Japanga“-Serie welke Blätter ins Monumentale entwachsen lässt. Dieser radikale Detailblick beinahe wie unterm Vergrößerungsglas lässt wiederum im Wechselspiel des Maßstabs den Betrachter vor den Gemälden zusammenschrumpfen, der Fokus verwischt die Grenze von Nähe und Distanz, von Zoom und Weitwinkel und schafft so den Freiraum, dem Maler den Geheimnissen der Natur nachzuspüren, um diese dem Publikum als Erkenntnis zu offerieren – mehr als intuitives Nachspüren denn als wissenschaftliche Feldforschung.

In diesem Zusammenhang ist es beinahe schon als folgerichtig zu bezeichnen und muss daher kaum wundern, dass Munz gemeinsam mit André Mailänder, verbunden in einer „Multiautorenschaft“, 2019 gemeinsam zwei großformatige Werke schufen, die Malerei und Fotografie miteinander verbinden. Auf Aludibond matt kaschierte Fotoabzüge sind vertikal bzw. horizontal unmittelbar an die Leinwände montiert und von einem schmalen Schattenfugenrahmen gesamthaft umfasst. „Ich sehe die Natur als unerschöpflichen Inspirationsgeber – nicht um sie real wiederzugeben sondern um sie neu zu schaffen. Ich möchte den Betrachtern meiner Werke dadurch einen neuen Zugang zur Natur ermöglichen. Die Erkenntnis zu vermitteln, wie wichtig sie für uns alle ist, sie mit neuen Augen zu sehen, sie wieder wertzuschätzen und in ihr einzutauchen.“ Damit hat Munz auch das Programm dieser Kooperation formuliert. Seine zarten, nahezu pastellfarbenen Naturbilder treffen hier im direkten Nebeneinander auf strenger komponierte Bildinhalte Mailänders, die dieser im Schwarz und Weiß der Fotografie dem Malerkollegen als Wahlverwandtschaften beigibt, um das Feld der Assoziationen noch einmal um zusätzliche Realitäten zu erweitern.

Munz‘ Malerei vermag eben dies: Sie ist als eine Einladung zur Auseinandersetzung mit der Natur zu verstehen, als ein Willkommenheißen im Draußen. „Vor Deiner Haut beginnt die Fremde“, lässt Hermann Lenz seinen Untergebenen Wasik in „Augen eines Dieners“ sagen. Jörg Munz arbeitet im Dienste der Natur, im Bestfall ist er dem Betrachter Fremdenführer durch Regionen, die ebenso Kategorien des Geistes als auch Landschaften sind, die sich in Wäldern, auf Weiden und Wiesen manifestieren. Munz‘ Werke sind dabei Mittler und Grenzgänger von in letzter Instanz unerschließlicher Gebiete, deren Abstraktionsgrad die Kippfigur als Scharnier eines osmotischen Innen und Aussen immer wieder neu auslotet.

© 2021 Thomas Girst