André Mailänder

André Mailänder

www.andremailaender.com

Vita
1964
in Heusweiler geboren, lebt und arbeitet in Saarbrücken
1986
Studium der Fotografie an der Fachhochschule Dortmund, unter anderem bei André Gelpke, Gosbert Adler und Joachim Brohm
1990
Zweitstudium der Philosophie, Geschichte und Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum
1997
Lehrauftrag für Fotografie im Fachbereich Kommunikationsdesign an der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBKsaar)
2002
Diplom Foto/Film-Design an der Fachhochschule Dortmund bei Caroline Dlugos
2008
Lehrauftrag für Fotografie im Fachbereich Freie Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBKsaar)
2013
Berufung in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh)
2014
Dozent für Fotografie an der HBKsaar Abendschule, Saarbrücken (bis heute)

Preise und Stipendien
2009
Förderstipendium der Landeshauptstadt Saarbrücken im Bereich Bildende Kunst

Ausstellungstätigkeit (Auswahl)
2006
Kunstzentrum Nei Liicht, Dudelange, Luxemburg: Kulisse (E)
2008
Musée The Mamily of Man, Clervaux, Luxemburg: Echappée Belle (E)
2009
Stadtgalerie Saarbrücken: Kenn-Zeichen SB (G) (Katalog)
Galerie Atelier A, Nantes, Frankreich: Subjektives Saarland (G)

2010
Saarlandmuseum, Saarbrücken: Fotosynthesen (Katalog) (zusammen mit Joachim Lischke) (Katalog)
Kulturfoyer Saarbrücken: Viertelalbum #4 (E)
Rathaus St. Johann, Saarbrücken: Nantes-Saarbrücken-Tbilissi (E) (Katalog)
Gala Gallery, Tbilissi, Georgien: Nantes-Saarbrücken-Tbilissi (E) (Katalog)
2011
Centre des Expositions, Nantes Métropole, Frankreich: Nantes-Saarbrücken- Tbilissi (E) (Katalog)
2012
Patton Stiftung, Saarbrücken: Dancing Darkness (G)
2013
Kunstzentrum Bosener Mühle: Drei plus drei (G) (Katalog)
2014
Wassergarten Landsweiler-Reden: Gegenort (G)
2015
Johanneskirche Saarbrücken: Wooden Cloud (zusammen mit Martin Steinert) (Katalog)
Johanneskirche Saarbrücken: Adam & Eva (G)
2016
Galerie m beck, Homburg: Die Reise ins Ich (G) (Katalog)
Galerie Besch, Illingen (zusammen mit Martin Steinert)
Fondazione Giorgio Cini, Venedig, Italien: Germany, mon amour! (G) (Katalog)
2017
Landeskunstausstellung Saarland, Saarbrücken: Saarart 11 (G) (Katalog)
2018
Maison Heinrich Heine – Fondation D‘Allemagne, Paris, Frankreich: Wooden- Cloud (zusammen mit Martin Steinert)
Goethe Institut Palästinensische Autonomiegebiete, Ramallah: Wooden- Cloud (zusammen mit Martin Steinert)
2019
Galerie der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken: Blickpunkte – Werkschau 2019 (G)
Nauwieser Neunzehn, Saarbrücken: Pictures of Pop – viertelvor – fotografien 2003 – 2018 von andré mailänder und falk kuckert
2021
cubus kunsthalle, Duisburg: ReNatur (G) (Katalog)
Künstlerzeche „Unser Fritz“, Herne: ReNatur (G) (Katalog)
Bergwerk Reden, Landsweiler-Reden: ReNatur (G) (Katalog)

Thomas Girst
André Mailänder

Liegen den Arbeiten der bei ReNatur vertretenen saarländischen Künstler als Bestandteil des kreativen Schaffensprozesses Fotografien zugrunde, die etwa von Jörg Munz übermalt und von Werner Constroffer als unmittelbare Grundlage für Bildkompositionen genutzt werden, so widmet sich André Mailänder seit Jahrzehnten ausschließlich dem Medium der Fotografie. Sein Großvater war selber noch Kumpel der Grube Göttelborn, die dort bis zum Jahr 2000 über ein halbes Jahrtausend hinweg den Steinkohlebergbau ermöglichte. „Landschaftsfotografie ist mein künstlerisches Thema“, so Mailänder. „Naturfotografie ist ein Sektor darin. Der Schwerpunkt liegt auf den großen Aufnahmen im Umfeld des Steinkohlebergwerks Landsweiler-Reden. Für mich war hier die Spannung zwischen Bildautonomie und fotografisch interessantem Bild wichtig. Das Bild funktioniert als Bild und erfüllt gleichzeitig einen dokumentarischen Anspruch. Dazu gehört es, das Bild so scharf und detailreich wie es irgend geht zu fotografieren und zu fokussieren.“ Sich selbst sieht Mailänder dabei in der Tradition der „New Topographics“ der USA, deren Vertreter seit den 1970er Jahren eben keine oftmals subtil pathetisch aufgeladene, vom Menschen möglichst unberührte Natur zeigen, sondern im Gegenteil ihr Augenmerk vielmehr auf die durch Zivilisation und Ausbeutung veränderte, umgestaltete und zerstörte Landschaft richteten.

Dem Betrachter erschließt sich bei den als Tableau präsentierten, großformatigen Arbeiten des Werkkomplexes „Neue Landschaft“ nicht unmittelbar, ob es sich dabei etwa um monumentale Vergrößerungen des Erdreichs handelt oder aber um Weitwinkelaufnahmen. Erst die genaue Ansicht aus der Nähe lässt erkennen, dass es sich bei den Exponaten tatsächlich um Darstellungen handelt, die nicht etwa aufgeworfene Erdklumpen, vertrocknetes Gras oder Wurzelwerk zeigen, sondern ganz im Gegenteil den Blick auf massive Hügel, Straßen, Täler und darin zerstörtes und entwurzeltes Baumwerk richtet, dem die Ordnungsbemühungen weißroten Absperrbandes kaum etwas entgegenzusetzen haben. Erst die Größe der ausgewählten Motive, die Herstellung der Exponate im Diasec-Verfahren und die Präsentation der Ausschnitte der Haldenlandschaft von Landsweiler-Reden als Plexiglasplatten erlaubt diese Art der Detailsicht. An der Schnittstelle von Industrie und Natur kartografieren Mailänders Bilder die Verheerungen des menschlichen Eingriffs. Die Nutzbarmachung traditioneller Verfahren und die Verwendung klassischer Modelle wie Platten- und Balgenkamera bei gleichzeitiger digitaler Adaption derselben ermöglichen dem Fotografen dabei eine gänzlich nüchterne Darstellungsweise, die ohne Anklage auskommt. Vielmehr positionieren sich die Arbeiten sachlich und dokumentarisch. Es ist in diesem Zusammenhang die möglichst reine Fotografie, die für Mailänder so erstrebenswert wie entscheidend für seine künstlerische Positionierung ist.

Mailänders Arbeiten sind dabei immer auch Spurensuche. Dies wird umso deutlicher in der kumulativen Betrachtung seiner Werke, die nicht selten seriell und als Schichtungen gedacht sind. Auch für ReNatur hat der Fotograf ein Tryptichon aus „Woven Places / Green Facility“ ausgwählt, wobei „Woven Places“ bereits titelgebend für die Werkkomplexe „Urban Fabric“ und „Succession“ Verwendung fand. Die drei zusammenhängenden, neben den Arbeiten für „Neue Landschaft“ präsentierten Bilder finden sich wiederum in einem größeren Kontext als Abbildungen des Künstlerbuchs gleichen Namens, welches dutzende Waldaufnahmen in Hoch- und Querformat in sich vereint. „Woven Places / Green Facility“ schuf Mailänder im ersten Corona Lockdown im Frühjahr 2020. Obschon während einer weltweiten Pandemie entstanden kann man nicht anders, als das aufkeimende, an farblichen Nuancierungen so unendlich facettenreiche Grün der Natur vis-à-vis der dunkelbraunen Brachlandschaften auch als Hoffnung dahingehend zu betrachten, dass sich die Natur die verheerenden, ihr durch den Menschen zugefügten Wunden des Anthropozän wieder zu schliessen vermag. Wieviel Zeit dies auch immer benötigt, ob noch mit oder ohne den Menschen auf Erden, den es schließlich erst seit 300.000 gibt und der seine meiste Zeit darauf im Gegensatz zur übrigen Flora und Fauna womöglich schon lange hinter sich hat.

© 2021 Thomas Girst